MIRO (Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH) ­– ein Kurzportrait der größten deutschen Raffinerie

MIRO„Öl – das Blut der Volkswirtschaft“. Mit soviel Pathos wurde in den BNN 1959 mit der Rodung von vielen Hektar Wald und der Zerstörung einer völlig intakten Rheinauenlandschaft der Baubeginn der Oberrheinischen Mineralwerke (OMW ist heute MIRO = Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH) begrüßt. Der Flächenverbauch war mit 330 Hektar gigantisch. Von den Luftschadstoffen (Feinstaub, krebserregende Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Freisetzung von Kohlenmonoxid und Kohlendioxid) sowie vom riesigen Wasserverbrauch redete damals – und leider auch heute – niemand. Die Gefahrenlagen, die durch die Millionen-Liter gelagerten Benzin- und Kerosinmengen entstehen könnten, wurden damals nicht untersucht. Man ignorierte alle Einwendungen. Der Flugbetrieb über die vielen Tanks der MIRO beim Anflug auf den Flughafen Karlsruhe-Söllingen bereitet uns großes Unbehagen. Wir haben diesen Zustand  dem Regierungspräsidium im Rahmen der Erörterung des neuen Kohleblock der EnBW schriftlich mitgeteilt und auf Abstellung gedrängt. Bisher ohne Erfolg.

16 Millionen Tonnen Rohöl werden über zwei Piplines (Marseille und Triest) nach Karlsruhe gepumpt und zu Benzin, Diesel und Kerosin verarbeitet. Die MIRO ist die größte Raffinerie Deutschland und versorgt ganz Süddeutschland mit Benzin und Diesel. Jeder fünfte Liter Benzin in Deutschland kommt aus Karlsruhe! Höhere Oktanzahlen, damit der Automotor nicht klopft, bezahlen wir hier über den Luft- und Wasserpfad mit in ihrem Ausmaß nicht genau bekannten Emissionen.

Jeder Anlagenteil der MIRO wurde in den letzten 30 Jahren nur einzeln betrachtet und auch so genehmigt. Es fehlt eine Gesamtschau aller Emissionen, weil das Bundesemissionsschutzgesetz den Begriff der Gesamtanlage nicht kennt.

Das Kerosin fließt sowohl in zivile, aber auch in militärische Flugzeuge. 1000 Mitarbeiter konnten 2008 „das beste Jahr seit dem Bestehen der Raffinerie“ (so der derzeitige Chef der MIRO, Herr Löhr) feiern.  Ein Jahresumsatz von 4,5 Milliarden Euro spülte auch kräftige Gewinne in die Kassen der Mutterfirmen (Esso, Shell und Co).
Da es derzeit einen rückläufigen Spritabsatz gibt, baut die MIRO ihre Produktkette aus. Es ist, so die Geschäftsführung der MIRO, die Vernetzung mit der Chemieindustrie notwendig. Deshalb soll ein Anschluss an die Ethylen-Piplene Süd, die Ludwigshafen und das Chemiedreieck München verbindet, gebaut werden. Der BUND begleitete und begleitet das Genehmigungsverfahren mit großer Skepsis, weil es für Ethylen derzeit in Bayern gar keinen Bedarf gibt und die Umweltzerstörungen dagegen sehr groß sind.

Die Senkung der Schadstoffgehalte im Treibstoff in vielen Städten Deutschlands bezahlen wir in der Region Karlsruhe mit extrem hohen Luftschadstoffwerten. Nicht nur aus den Kaminen der MIRO, sondern auch durch die rund 2000 LKWs (65%), die täglich die Treibstoffe über die Südtangente in alle Himmelsrichtungen transportieren, weil Bahn- (14%) und Schiffstransporte (21%) immer weiter zurückgehen.

Die ‚Landschaftspflege‘ hat einen hohen Stellenwert bei der MIRO. Der Neujahrsempfang für die Vertreter der Behörden, Vereine und des Stadtrates der Stadt Karlsruhe ist in Insiderkreisen unter dem Namen  „Das große Fressen“ bekannt. Nach der Lobesrede des Chef der MIRO, die vor allem immer die gute Zusammenarbeit mit den Behörden beinhaltet, spricht ein ‚verdienter‘ Wissenschaftler zu aktuellen Themen – meist mit der rosaroten  Brille der Wirtschaft. LehrerInnen und Lehrer sowie Schüler werden eingeladen, gut bewirtet und mit ausgesuchtem ‚Wissen‘ vollgestopft. Der Bürgerverein Knielingen wird ebenso hofiert wie die örtliche Presse, die nach dem Bekanntwerden der jetzt folgenden ‚Umrüstung‘ innerhalb von drei Wochen drei Jubelartikel über den Umbau und die MIRO brachte, ohne auch nur in Wort zu den Emissionen zu sagen.

Im Januar 2010 verkündete das Regierungspräsidium Karlsruhe die Entscheidung über den Antrag der Firma MIRO auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Dampfkessel 2, 3, 4 und 5 (Nachrüstung DENOX).
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ohne Einwendung der Stadt wurde das oben erwähnte Genehmigungsverfahren als eine Art Wirtschaftsförderung auf Kosten der Gesundheit der Karlsruher Bürgerinnen und Bürger durchgeführt. Dies hatte negative Konsequenzen für die Höhe der festgelegten Immissionen dieser Anlage. Sie sehen so aus:

Genehmigungswerte laut Genehmigungsunterlagen:

  • Stickoxid: 400 mg/m³ (dies ist doppelt so hoch ist wie bei der Genehmigung für den neuen Kohleblock der EnBW (RDK 8))
  • Schwefeldioxid: 850 mg/m³ (200mg/m³ bei RDK 8)
  • Ammoniak: 30 mg/m³ (10 mg³ bei RDK 8).

Außerdem wurde die Anlage nach der neuen 13. BImSChV genehmigt. Diese trat 2004 in Kraft. Man hat auf Kosten unserer Gesundheit bis zum letzten möglichen Augenblick (Übergansphase bis Ende 2010) gewartet, um nicht die dort strenger festgelegten Stickoxidwerte (und die sind immer noch viel zu hoch – s. oben) einhalten zu müssen.

Eine Gesamtzusammenstellung aller Emissionen/Immissionen der MIRO wäre wünschenswert. Leider werden alle Genehmigungen immer so geschickt gesplittet, nicht öffentlich behandelt und genehmigt, so dass dies uns nicht möglich ist.
 
Harry Block, Januar 2010

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