Institut für Transurane -BI fordert Auslegung der Erweiterungspläne

Hier die Presserklärung der Bürgerinitiative

Wir nehmen Herrn Ministerpräsident Mappus beim Wort:

BUND und BI fordern öffentliche Auslegung und Erörterung des Neubaus eines Labor- und Lagergebäudes auf dem Gelände des Instituts für Transurane (ITU)

Zu erst der Stand der juristischen Diskussion zum Baugesuch des ITU bei der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten:

Im Januar lehnt der Gemeinderat von Linkenheim-Hochstetten das Baugesuch des ITU mehrheitlich ab.

Bürgermeister Johs hat diese Ablehnung am 22.2.2011 schriftlich dem Landratsamt zugeleitet, mit der eindringlichen Bitte, Öffentlichkeit herzustellen.

Zwei Tage später wurde er aufgefordert, am 18.3. den Neubau erneut auf die Tagesordnung seines Gemeinderates zu bringen – auf die Forderung der Öffentlichkeitsherstellung wurde nicht eingegangen..

Aus den uns nun vorliegenden Unterlagen wissen wir inzwischen, dass im ITU z.B. mehr Plutonium gelagert werden darf, als gerade nach Lubmin transportiert wurde. Dies und noch viel mehr bedarf einer öffentlichen Diskussion.

Die Unterlagen (s. Anlage 1 und Anlage 2) beweisen, dass im ITU nach der bestehenden Genehmigung vom 23.10.1997 u.a. 180 Kilogramm Plutonium und 50 Kilo Uran 235 mit einer Anreicherung bis 93 % in Form von Pulver, Metall, Oxid oder als Lösung sowie auch gasförmig vorkommen kann.

Der Gemeinderat soll im Rahmen des Baurechts zu den Neubauplänen Stellung nehmen, als ginge es nur ein Bürogbebäude, dabei geht es beim Neubau vor allem um den Flügel M. In diesem Flügel soll mit radioaktiven Stoffen umgegangen werden. Dazu gehören – zusätzlich zur Altgenehmigung – nun noch 300 Kilo schwach angereichertes Uran wie auch 450 Kilo Thorium 232. Alle diese (und auch die andern angeführten Stoffe) sind sowohl giftig als auch radiologisch gefährlich. Ihr Umgang bedarf deshalb einer zusätzlichen Genehmigung.

Genehmigungssituation des ITU

Derzeit besteht der Forschungskomplex auf dem KIT Campus Nord aus den vier Laborflügeln A, B, F und G sowie mehreren Flügeln für die Verwaltung und technische Einrichtungen.

In den vorhandenen Laborflügeln A, B, F und G des Instituts wird bereits mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen zu Forschungszwecken umgegangen. Diese Verwendung von radioaktiven Stoffen erfolgt insbesondere          auf Grundlage folgender atomrechtlicher und strahlenschutz-rechtlicher Genehmigungen:

  • Genehmigung gem. § 9 AtG vom 28.07.1965 zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen und zum Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen in den Laborflügeln A, F und G, zuletzt geändert durch die Änderungs-genehmigung vom 19.09.1984.
  • Genehmigung gem. § 9 AtG vom 03.10.1966 zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen in Laborflügel B, zuletzt geändert durch Nachtrag 1 vom 24.01.1978.
  • Genehmigung gem. § 3 StrISchV vom 23.10.1997 zum Umgang mit  sonstigen radioaktiven Stoffen in den Laborflügeln A, F, G und B, AZ.

Alle diese Genehmigungen sind ohne jegliche öffentliche Beteiligung erteilt worden. Dies muss nun beim Neubau anders laufen, vor allem deshalb – wie aus den Baugesuchunterlagen Seite 2 und 3 ersichtlich ist – weil der Neubau M ein Laborneubau mit Spaltstofflager werden wird, also ein hochbrisanter Neubau, an den höchste Sicherheitsanfoderungen zu stellen sind:

„Die bereits erteilte Genehmigung gem. § 9 AtG vom 28.07.1965 in der Fassung vom 19.09.1984, AZ 97-3416.19.1 zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen in den Laborflügeln A, F und G soll dahingehend geändert werden, dass nunmehr auch in dem neu zu errichtenden Laborflügel M die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen stattfinden darf. Insofern ist Verfahrensgegenstand ein Antrag auf Änderung der Genehmigung nach § 9 AtG vom 28.07.1965 in der Fassung vom 09.09.1984, A2 97-3416.19.1.

Der entsprechende genehmigungsrechtliche Änderungsantrag ist mit Datum vom 23.09.2010 bei der zuständigen atomrechtlichen Genehmigungsbehörde, dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden-Württemberg, gestellt worden.

Die beantragte Änderungsgenehmigung nach § 9 A1G soll sich gem. § 7Abs 2 StrlSchV auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen im geplanten Laborflügel M erstrecken.“                                          

Das Institut für Transurane (ITU) stellt sich so vor:

„Das ITU ist innerhalb der Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Centre – JRC) der Europäischen Kommission eine experimentelle Einrichtung, die sich mit der Forschung an verschiedenen radioaktiven Materialien und deren Anwendung befasst. Das ITU ist eine Forschungseinrichtung auf dem Campus Nord des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

Aufgabe des ITU ist die Bereitstellung der wissenschaftlichen Grundlagen für den Schutz der europäischen Bürger vor den mit der Handhabung und Lagerung hochradioaktiver Materialien verbundenen Gefahren. Das ITU trägt als Referenz Zentrum für Actinidenforschung zu einem effizienten Sicherheits- und Überwachungssystem für den nuklearen Brennstoff-kreislauf bei und erforscht technologische und medizinische Anwendungen von Radionukliden und Actiniden.

Dadurch leistet das ITU nachfrageorientierte wissenschaftlich-technische Unterstützung für die Konzeption, Entwicklung, Umsetzung und Überprüfung der Gemeinschaftspolitik. Das ITU befindet sich in nächster Nähe zum politischen Entscheidungsprozess und dient damit dem gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten, ist aber unabhängig von kommerziellen oder nationalen Interessen.“

Diese auch auf Hochglanzbroschüren gedruckten wissenschaftlichen Aufgabenbereiche des ITU beinhalten aber vor allem auch die Forschung von Reaktorsystemen der 4. Generation. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht zu erfahren, wie sich im Alt- und Neubau die sicherheits-technische Auslegung der heißen Zellen darstellt, die Störfallanalyse aussieht und die Auslegungsstörfälle gehandhabt werden. Dies ist nicht nur für die Bewohner von Linkenheim wichtig, sondern für die gesamte Region, die im Falle eines schweren Störfalls radioaktiv verseucht würde.

Wir wollen z. B. wissen, wie der Kontrollbereich im gesamten Flügel M Aussieht:
  • Welche Abschirmungen sind vorgesehen?
  • Wie erfolgt die Sicherheitskontrolle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
  • Wie ist die geplante Objektsicherungszentrale ohne Betreten des Kontrollbereichs geregelt?
  • Wie erfolgen die radioaktiven Materialtransporte?
  • Wie viele Strahlenschutzbeauftragte gibt es?
  • Wer ist/stellt das Überwachungsgremium?
  • Da der Kontrollbereich des ITU über die Flügel A, B, E sowie F und G verlassen werden kann, wie wird da eine exakte Kontaminationszuweisung möglich?
  • Wie sieht die Kritikalitätsalarmanlage aus?
  • Wie wird die Abluft und Fortluft überwacht?
  • Wer betreibt die Umgebungsüberwachung und wie?
  • Wer führt die Dekontamination im  Falle einer   Überschreitung der Werte durch?
  • Wie wird eine Kontamination der Umwelt und der Mitarbeiter verhindert? 
  • etc…

Dies kann nur durch eine öffentliche Auslegung und öffentliche Erörterung geschehen.

Wir haben an dem öffentlichen Erörterungtermin für die Verglasungsanlage der WAK teilgenommen und dazu beigetragen, dass die Anlage in wesentlichen Punkten sicherer gebaut und betrieben wurde. Dies belegt, wie sinnvoll, wie wichtig die Öffentlichkeitsherstellung bzw. -beteiligung ist.

Wir fordern ferner die Erstellung – sofern noch nicht geschehen – und die Auslegung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die neben dem Luft und Bodenpfad vor allem auch den Wasserpfad darstellt und Abwehrmaßnahmen gegen mögliche Verunreinigungen erläutert (Der Neubau liegt im Bereich der Sicherung der Wasservorkommen der Gemeinde Linkenheim. Die Grundwasserfließrichtung geht genau zu den Brunnen des Wasserwerks Linkenheim. Bisher sind schon mehrfach Verschmutzungen mit Pestiziden im Brunnenwasser festgestellt worden).

„Die Landesregierung bringt im Bundesrat eine Entschließung mit dem Ziel ein, die Öffentlichkeit bei Großprojekten schon im Vorfeld stärker zu beteiligen und auch im Verfahren selbst vollständige Transparenz zu garantieren. Mit der Initiative setzen wir in die Tat um, was wir unter anderen im Sieben-Punkte-Programm der Landesregierung für die Zeit nach der Faktenschlichtung unter Leitung von Dr. Heiner Geißler bereits vorgesehen haben“, sagten Ministerpräsident Stefan Mappus und Innenminister Heribert Rech am Dienstag, 1. März 2011, in Stuttgart.

Obwohl dieses Bauprojekt nicht in vollem Umfang ein Großprojekt im Sinne von Herrn Mappus und Herrn Rech ist, hat es jedoch für die Bevölkerung durch die möglichen Auswirkungen eine enorme Bedeutung. Darüber sollte sie informiert und einbezogen sein.

Hören Sie dazu das Podcast des SWR 4

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